Far From Brilliant – Kritik zum neuen Spider-Man

Kann der neue Marvel Film das Erbe von 'Avengers: Endgame' angemessen fortführen?

Far From Brilliant – Kritik zum neuen Spider-Man

Der neue Spider-Man Solo Film hat es in Sachen Erwartungen nicht leicht, gab doch Marvel Chef Kevin Feige eine Weile nach dem Release von „Avengers Endgame“ bekannt, dass nicht dieser, sondern „Far From Home“ das Ende von Phase 3 des Marvel Cinematic Universe darstellt. Noch dazu muss er gleichzeitig sowohl den bodenständigen „Spiderman: Homecoming“, als auch das gigantische Avengers Finale weiterführen. Leider schafft der Film von Regisseur Jon Watts nur eines davon angemessen.

Die Ruhe nach dem Sturm

Nach den Ereignissen aus Avengers Endgame, auf die zu Beginn des Films noch Bezug genommen wird, hat Peter Parker erstmal genug vom Superhelden Dasein. Der Verlust von Idol & Vaterfigur Tony Stark beschäftigt ihn sehr und die Erwartung der Welt, sein Erbe anzutreten überfordert ihn. So ignoriert die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft die Anrufe von Nick Fury (Samuel L. Jackson) und will den Europa-Ausflug seiner High School Klasse genießen und mal ausnahmsweise ein ganz normaler Teenager sein. Doch daraus wird nicht viel, als riesige Monster, die sogenannten Elementals nacheinander die Erde angreifen und ein gewisser Quentin Beck, alias „Mysterio“ (Jake Gyllenhall) auftaucht, um sie zu besiegen. Peter scheint keine Wahl zu haben und muss wiederwillig zum Anzug greifen – und damit auch seine Freunde in Gefahr bringen.

Überdurchschnittlich durchwachsene Mittelklassenoberkante

Ich hab’s schon oft gesagt und tu es wieder, selbst ein eher schlechterer MCU Film ist immer noch mindestens sehenswert, und aus dieser unteren Kategorie sticht Far From Home definitiv ein bisschen heraus. Der Cast um Hauptdarsteller Tom Holland herum überzeugt vollends, auch wenn z.B. einem Schauspiel-Hochkaräter wie Jake Gyllenhall hier ein bisschen wenig abverlangt wird. Es macht Spaß Peter Parker bei seiner Entwicklung und seinen Herausforderungen zuzusehen. Allerdings wirken einige Nebenfiguren manchmal enorm störend, als seien sie zwanghaft hineingeschrieben worden obwohl sie nicht wirklich etwas beitragen, ich denke da vor allem an ein paar von Peters Klassenkameraden. Diese Screentime wäre bei Mysterio oder Nick Fury besser aufgehoben gewesen.

Die erste Hälfte des Films ist für Marvel Verhältnisse ziemlich unorthodox erzählt, was vielleicht positiv klingt, es aber nicht unbedingt ist. Gerade die Einführung der neuen Bedrohung und das Auftauchen von Mysterio werden etwas zu schnell und unerklärt abgehandelt, was sich eher wie ein etwas längerer Trailer anfühlt.

Im zweiten Teil kriegt der Film die Kurve. Die Figuren bekommen mehr Tiefe, die Handlung gewinnt an Struktur und es folgen Action Sequenzen, die definitiv zu den Highlights des MCU zählen und einen vom Hocker hauen.

Die Last auf seinen Schultern

Als zentrales Manko bleibt der Umstand, dass der Film es nicht schafft, die ernst-düstere Endstimmung aus dem Vorgänger zu würdigen. Gleich zu Beginn wird humoristisch damit gebrochen, wodurch ein Großteil der Ernsthaftigkeit verloren geht. Alles nur für ein paar Gags, die oftmals nicht einmal richtig zünden, kommen sie doch teilweise zu plump und kindisch daher. Das dieser Film das eigentliche Ende von Phase 3 sein soll, bleibt reine Behauptung. Dieser Bezeichnung wird er nicht gerecht (kann er auch gar nicht) und ihn zu so nennen untergräbt den Vorgängerfilm.

Gemein wird hier der Vergleich zu Ant-Man and the Wasp. Dieser ebenfalls leichte, spaßige Solo Film hatte die den Luxus, als Atempause zwischen den beiden Final-Akten platziert zu sein. Er spielte ja zeitlich sogar vor Infinity War. Er konnte seine lässig humorvolle Art zu 100% ausspielen und musste nicht das emotionale Gepäck eines Ära-Endes mit sich tragen. Das ist Far From Home nicht gegönnt und genau an diesem Drahtseilakt scheitert er, während er isoliert betrachtet zwar kein brillanter aber insbesondere in der zweiten Hälfte ein guter und sehenswerter Spider-Man Film geworden ist.

PS: Wie immer gilt, unbedingt bis zum Ende des gesamten (!) Abspanns sitzen bleiben.