Eine gelungene Verfilmung? - Meisterdetektiv Pikachu

Seit dem 09. Mai ist der gelbe Fan-Liebling mit einer Detektivmütze im Kino zu sehen und schafft bisher, was für Videospielverfilmungen als besonders schwierig gilt: An den Kinokassen performen und sowohl Kritiker als auch Fans zufrieden stimmen.

Eine gelungene Verfilmung? - Meisterdetektiv Pikachu

Ryme City. Tim Goodman (gespielt von Justice Smith), der 21 jährige Versicherungsangestellte, reist in die Stadt, in der Pokémon und Menschen in beinahe utopischer Harmonie zusammenleben. Sein Vater Harry ist kurz zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen und nun deutet für Tim immer mehr daraufhin, dass er doch noch am Leben ist. Gemeinsam mit einem sprechenden Pikachu, das nur er verstehen kann, macht Tim sich an die Ermittlungen und kommt dabei einer gewaltigen Sache auf die Spur. Unterstützt werden die beiden von der Journalistin Lucy mit ihrem stressanfälligen Enton.

Das Phänomen „Pokémon“

So viel zur Story, aber mal kurz auf Pause gedrückt. Was verschafft uns eigentlich diese Fan Freude? Das Pokémon Franchise, das sich natürlich einer standfesten Fanbase sicher sein kann, hatte ja bis 2016 eher mit Stagnation zu kämpfen, bis dann im Juli jenen Jahres die revolutionäre Kehrtwende kam und einen unvorstellbaren Hype auslöste: Pokémon GO. Nicht nur, dass diese kleine App das Prinzip des Mobile Gaming in eine völlig neue Dimension brachte, nein, es entfachte auch einen Pokémon Hype, den man sich kaum größer hätte vorstellen können. Nintendo Aktionäre mussten vor Freude die Hose wechseln. Regelmäßig sah man nun scheinbar geistig verirrte mit gläsernen Display-Augen bei Regen durch Innenstädte oder Rapsfelder stapfen, die einem bei Nachfrage, ob man ihnen helfen könne nur eingeschnappt entgegenfluchten, sie hätten das Taubsi zuerst gesehen. Ob das wirklich ein Beitrag für eine Gesellschaft mündiger Bürger war, sei jetzt einmal dahingestellt, es ist hier auch nicht das Thema.

Falsche Erwartungen

Das Spiel das nun verfilmt wurde ist ein paar Monate vorher, im Februar 2016 einzig im japanischen Nintendo Online Shop erschienen. Erst zwei Jahre später wurde das Spiel, im neu entfachten Popularitätsschwung in erweiterter Fassung als Spiel für den Nintendo DS veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt hatten Warner Bros. Und Legendary Pictures sich bereits die Filmrechte gesichert.

Was genau hier verfilmt wurde ist daher wichtig zu wissen. Denn was Regisseur Rob Letterman (Gullivers Reisen) uns hier präsentiert ist kein klassischer Pokémon Film. So wird zum Beispiel im ganzen Film nur ein einziges Mal ein Pokeball geworfen. Statt „Gotta catch ’em all!“ ist es eine fast schon klassische Krimi-/Ermittlungsstory, die gerade im ersten Dritten durch sein Setting sehr an Zoomania erinnert, erweitert durch die „unfreiwillige Partner“-Dynamik zwischen Tim und Pikachu. Quasi ein Pokémon-Buddy-Movie.

Die Story ist durchweg spannend, wendungsreich und clever erzählt, wenn auch an einigen Stellen gerade für erwachsene Zuschauer etwas vorhersehbar. Atmosphärisch gelingt dem Film genau das, was einem Pokémon Film gelingen muss. Er zieht einen in diese fantastische Welt hinein. Pokémon sind Normalität, sie sind Teil des Lebens und einfach überall zu sehen. Kaum eine Kamerafahrt, die nicht dazu verwendet wird, um das zu zeigen. Ob es nun Schiggys sind, die bei der Feuerwehr mithelfen oder Fukanos, die neben Polizisten herdackeln. Wenn man dabei feststellt, dass man immer noch alle Namen und Weiterentwicklungen der Taschenmonster im Kopf hat, geht einem wirklich das Herz auf (Schiggy – Schillock - Turtok; Fukano - Arkani).

Manchmal störend ambivalent ist dagegen das CGI. Während es beim fellig flauschigen Pikachu nichts zu meckern gibt, sehen andere Pokémon, die nur kurz zu sehen sind, teilweise sehr künstlich aus und stören damit in einigen Momenten das ansonsten stimmige Szenenbild. Apropros Stimme – Ein Highlight und auch ein Grund, sich für den Originalton zu entscheiden ist definitiv Ryan Reynolds, der dem Elektro Pokémon seine Stimme verleiht. Das passt einfach auf eine komische Art und der süße Gelbling sorgt für eine Menge erwachseneren Humor. Aber auch die deutsche Synchronisation ist super gelungen. Der geneigte Nerd wird aber nicht vermeiden können, in manch einer Szene Deadpool vor seinem inneren Auge zu sehen.

Tolle Momente

Emotionale Höhepunkte bietet der Film in den Momenten, in denen sich Niedlichkeits-und Nostalgiefaktor in ruhigeren Szenen verbinden. Man fühlt sich zuweilen an alte Pokémon Filme erinnert, neu erzählt und mit interessanten Facetten.

Oft tun sich Filme schwer, gerade durch den letzten Handlungsabschnitt hindurch die Spannung am Leben zu halten. Genau das schafft der Film einigermaßen mit einer angenehmen Leichtigkeit, auch wenn er das Storytelling nicht gerade neu erfindet.

Für Erwachsene wird es aber dann nervig, wenn der Film beim Kinderpublikum möglichst cool wirken möchte. Zum Beispiel wenn einer der Bösen eine absurd große Sonnenbrille aufsetzt und cartoonartig in die Kamera guckt. Da ist man zum Augenrollen geneigt. Oder aber, wenn der Film seine Figuren nochmal laut sagen lässt, was gerade passiert (ist), so als müsse man sicher gehen, dass das jüngere Publikum auch alles verstanden hat. Sowas darf man ihnen ruhig zutrauen.

Fazit

Dass jeder, der sich selbst als Pokémon Fan bezeichnet, diesen Film sehen sollte, ist glaube ich offensichtlich. Aber auch Nichtkenner haben hier definitiv ihren Spaß, wenn sie sich auf diese Welt einlassen und in sie eintauchen wollen. Der (nicht zu infantile) Humor, die interessante Geschichte mit ihren sympathischen Figuren und der Niedlichkeitsfaktor trösten weitestgehend über die genannten Schwächen hinweg und machen ein rundes Kinoerlebnis aus diesem Streifen. Das ist für eine Spielverfilmung eine große Leistung.

PS: Ich halte nicht sonderlich viel von 3D Kino, kann es in diesem Fall aber durchaus empfehlen. Verleiht den Pokémon in den Action Szenen eine coole Wirkung, ein bisschen Arena mäßig. Ob das den Aufpreis wert ist, muss natürlich jeder selbst entscheiden.